Dienstag, 26. März 2013

Die erste Woche

© Lesende Lioba

Wenn mir mein Schulalltag zu grau ist, habe ich momentan einen Lichtblick: In 22 Wochen bin ich raus hier. Dann fahre ich nach Nancy und genehmige mir eine Auszeit für ein knappes halbes Jahr. Nein, es handelt sich hier nicht um Urlaub, sondern eher um ein kleines Abenteuer. Im Rahmen des Voltaire-Austausches werde ich dann dort meiner Schulpflicht nachkommen und hinterher werde ich hoffentlich fließend Französisch sprechen...

Doch auch jetzt ist schon einiges anders, nicht nur in der Schule, sondern auch bei uns zu Hause: Schon seit 10 Tagen ist meine Austauschschülerin Béatrice aus Nancy bei uns in Deutschland. Sie wurde von ihren Eltern und ihren beiden Schwestern hergebracht. Es ist bei diesem Austausch zwar nicht vorgesehen, doch die ganze Familie blieb eine Nacht bei uns. Die Verständigung klappte von Anfang an sehr gut, alle Familienmitglieder mischten Deutsch und Französisch ganz nach Bedarf. Béatrices kleine Schwester und meine kleine Schwester haben sich sofort angefreundet und sich mit Händen und Füßen verständigt. Seit der Abreise der französischen Familie wird hier nur noch Deutsch gesprochen.

Béatrice ging eine Woche mit mir in die Schule und jetzt sind hier in Bayern auch schon wieder Osterferien. Eine Hürde hatten wir im Vorfeld schon beseitigt: wir benötigten eine Aufsicht für den internationalen Wettbewerb Cicero Concordia, zu dem Béatrice angemeldet war. Dieser fand ausgerechnet an einem Samstag statt - und das auch noch am ersten Ferientag. Meine Französischlehrerin hatte sich dazu spontan bereit erklärt. Sie wohnt ca. 30 km von uns entfernt und kam extra dafür zu uns ins Haus. Jetzt warten wir gespannt auf das Ergebnis...

Am Palmsonntag hatte Béatrice Geburtstag. Am Vormittag feierten wir im Kreise der Familie bei einem ausgedehnten Frühstück, nachmittags fuhren wir nach Bad Wörishofen zum Osterbrunnenfest. An den prächtig geschmückten Brunnen gab es Platzkonzerte der Blaskapellen Schlingen und Stockheim. Die Sonne schien, aber es war bitterkalt.


© Lesende Lioba


Jetzt sind wir im Ferienmodus. Gestern bummelten wir durch die Geschäfte der Augsburger City-Galerie und machten noch einen Abstecher zum schwedischen Möbelhaus. Ich brauchte dringend ein Bücherregal, da ich mein eigenes Zimmer Béatrice überlassen habe und ins Gästezimmer umgezogen bin.

Heute früh um 8 Uhr war Schwimmtraining in unserem Verein, wie immer dienstags und donnerstags in den Ferien. Letzte Woche hat Béatrice mit uns abends trainiert, doch heute hat sie dankend abgelehnt. Nach dem Frühstück war das traditionelle Osterkerzenverzieren angesagt. Ich war ganz überrascht, als Béatrice erzählte, dass es in Frankreich nicht üblich sei, selber Osterkerzen zu basteln.


© Lesende Lioba

Ich habe das Gefühl, dass Béatrice sich bis jetzt schon gut eingelebt hat. Für uns ist es eine große Herausforderung, Hochdeutsch zu sprechen und nicht ständig in unseren Dialekt zu verfallen. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass auch Béatrice einen schwäbischen Akzent annehmen wird.